Beschreibung
Ohrkorrektur – Das Buch
Das menschliche Ohr hat in den meisten Kulturkreisen keinen besonderen ästhetischen Stellenwert. Man spricht weder von schönen Ohren, noch von jugendlichen oder alten Ohren. Im Gegensatz dazu würden wir diese Attribute bei der Beschreibung des Gesichts oder der Augenlider als völlig normal empfinden. Die meisten Menschen können nicht beschreiben, was an einem Ohr schön ist; für das allgemeine ästhetische Empfinden sollen Ohren ganz einfach „normal“ bzw. unauffällig und nicht zu groß aussehen. Ohren werden eigentlich nur dann bemerkt, wenn etwas mit ihnen nicht stimmt, also wenn sie (negativ) auffallen. Dennoch wurden auch für Ohren ästhetische Normen entwickelt. Sie haben jedoch nicht den Zweck, ein nachahmenswertes Ideal zu definieren, sie sind für den wiederherstellenden Chirurgen vielmehr eine Richtlinie bei der Rekonstruktion von Missbildungen oder verletzungsbedingten Defekten bzw. eine Orientierungshilfe bei der Beurteilung einer Anomalie.
Es gibt bedauerlicherweise eine ganze Reihe von angeborenen und höchst unschönen Fehlbildungen des Ohres, die sowohl die innere Anlage (Hörfähigkeit) als auch die Größe und Form der Ohrmuschel betreffen können. Schwere Missbildungen sind glücklicherweise selten, und ihre Korrekturen gehören zu den schwierigsten und anspruchsvollsten Eingriffen der rekonstruktiven Chirurgie. Abstehende Ohren stellen die mildeste und zugleich häufigste Form der Ohrmissbildung dar, das vorliegende Buch widmet sich im Wesentlichen nur diesem Problem.
Neben der Behebung des auffälligen Erscheinungsbildes eines abstehenden Ohres müssen eine ganze Reihe von kleinen, aber sehr wichtigen Details analysiert und mitkorrigiert werden, um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Nur die Berücksichtigung dieser Einzelheiten ermöglicht eine vollständige Behebung des unvorteilhaften Aussehens.
Dieses Buch soll ratsuchenden Eltern bzw. ratsuchenden Erwachsenen helfen, den richtigen Arzt für sich oder ihr Kind zu finden. Abschließend soll betont werden, dass es nicht die Aufgabe eines seriösen plastischen Chirurgen ist, die ratsuchenden PatientInnen nach vorgegebenen Normen umzuformen, sondern vielmehr zu versuchen, unvorteilhafte Gegebenheiten zu harmonisieren. Barbra Streisand ließ sich nicht ihre Nase und Will Smith nicht seine Ohren operieren, beide wurden erfolgreiche Menschen. Unabhängig davon sollte sich niemand den Wunsch ausreden lassen, einen subjektiv empfundenen Makel korrigieren zu lassen, sofern seine / ihre Vorstellungen nachvollziehbar und klar sind und der Eingriff medizinisch vertretbar sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit ästhetisch-chirurgisch realisierbar ist.
10 Fragen an Dr. Turkof
10 Fragen zur Ohrkorrektur an Dr. Turkof
Univ.-Prof. Dr. Edvin Turkof
- Ist die Ohrkorrektur eine einfache Operation?
- Werden denn Ohren nicht einfach nur angelegt?
- Das klingt durchaus komplex, inwiefern können Ohren unterschiedlich abstehen?
- Was halten Sie von der modernen Fadenmethode, über die in den Medien häufig berichtet wird?
- Mit welcher Methode arbeiten Sie?
- Ab wann können Kinder operiert werden?
- Beeinträchtigt eine Ohrkorrektur das Wachstum der Ohren?
- Wie läuft die OP ab?
- Können schlechte Ergebnisse wieder korrigiert werden?
- Wie hoch sind die Kosten einer Ohrkorrektur und stimmt es, dass die Krankenkasse den Eingriff übernimmt?
- Ist die Ohrkorrektur eine einfache Operation?
Nein, sie ist zwar nicht sehr aufwändig, aber einfach ist sie nicht. Vor allem deshalb, weil mehrere Details berücksichtigt werden müssen, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Man darf nicht nach einem einheitlichen Schema vorgehen.
- Werden denn Ohren nicht einfach nur angelegt?
Genau das sollte man eigentlich nicht machen. Abstehende Ohren sollen nicht angelegt werden, sondern chirurgisch neu geformt werden. Ohren können auf unterschiedliche Art und Weise abstehen und müssen daher entsprechend ihrer Deformität korrigiert werden.
- Das klingt durchaus komplex, inwiefern können Ohren unterschiedlich abstehen?
Ohren wirken abstehend, wenn der zentrale Ohrknorpel, den man als Concha bezeichnet, zu breit ist, oder wenn der nach hinten stehende Teil des Ohres, die Helix, seitwärts absteht. Darüber hinaus können auch die Ohrläppchen abstehen und noch weitere Details am knorpeligen Skelett des Ohres auffällig vergrößert sein oder fehlen.
- Was halten Sie von der modernen Fadenmethode, über die in den Medien häufig berichtet wird?
Mit der Fadenmethode kann das Ohr nicht geformt, sondern nur verformt werden. Mit den Nähten wird der Ohrknorpel lediglich verbogen, seine Dimensionen werden also nicht verändert. Abgesehen davon gehört der Einsatz von Nähten bei der Ohrkorrektur zu den älteren OP-Methoden, die tatsächlich modernen und effektiveren Techniken wurden erst später entwickelt.
- Mit welcher Methode arbeiten Sie?
Ich setze die Fadenmethode nie ein. Ich benutze das Skalpell und korrigiere damit je nach Notwendigkeit die Form des Ohrknorpels. Besonders wichtig dabei ist, dass bei der Operation die korrigierten Anteile des Ohres spannungsfrei aneinander liegen. Gerade das wird mit der Fadenmethode nicht erreicht, weil bei dieser Technik der Knorpel in seine neue Form gezwungen wird.
- Ab wann können Kinder operiert werden?
Ich empfehle bei Kindern solange zuzuwarten, bis der Eingriff ohne Vollnarkose möglich ist, also meist ab dem 8. – 10. Lebensjahr. Wenn notwendig, kann man jedoch auch schon im Vorschulalter operieren.
- Beeinträchtigt eine Ohrkorrektur das Wachstum der Ohren?
Es gibt einige Arbeiten, die nachgewiesen haben,dass operierte Ohren normal weiterwachsen. Faszinierend ist aber die Tatsache, dass Ohrenbereits im Alter von sechs Jahren 85 % ihrer Längeund 95 % ihrer Breite erreicht haben. Die Sorge, dass Ohren nach einer Korrekturoperation in jungen Jahren zu klein bleiben könnten, ist daher völlig unbegründet.
- Wie läuft die OP ab?
Sie kann fast immer in örtlicher Betäubung durchgeführt werden und dauert durchschnittlich zwischen 60 und 90 Minuten. Wichtig ist das Tragen eines gut sitzenden Kopfverbandes für die Dauer von zehn Tagen, Ohren sind sehr empfindlich und müssen nach der Operation gut geschützt werden.
- Können schlechte Ergebnisse wieder korrigiert werden?
Ja, durchaus. Manchmal sind die Korrektureingriffe allerdings sehr aufwändig, vor allem dann, wenn Knorpelgewebe ersetzt werden muss.
- Wie hoch sind die Kosten einer Ohrkorrektur und stimmt es, dass die Krankenkasse den Eingriff übernimmt?
Ja, aber nur bis zum Alter von 16 Jahren. Eine Otoplastik kostet im Normalfall etwa € 2.800, aufwändige Korrekturoperationen natürlich entsprechend mehr.
Kurz & bündig
Ohrkorrektur – kurz & bündig
Normales, nicht abstehendes Ohr
- Trotz der verhältnismäßig geringen ästhetischen Bedeutung der Ohren wurden Ohrkorrekturen bereits 600 v. Chr. in Indien durchgeführt.
- Im Gegensatz zu den ästhetischen Richtlinien der meisten anderen Körperteile werden Ohren als „schön“ empfunden, wenn ihre Form und Proportion dem Durchschnitt entsprechen.
- Abstehende Ohren gehören zu den mildesten Formen der Ohrmuschelfehlbildungen. Ihre Häufigkeit liegt bei etwa 1:7.000.
- Die Korrektur abstehender Ohren wird leider häufig als „Blinddarm- Operation“ der Plastischen Chirurgie bezeichnet, sie ist aber ein sehr anspruchsvoller Eingriff, der keinesfalls unterschätzt oder bagatellisiert werden darf.
- Eine Ohrkorrektur wird üblicherweise in örtlicher Betäubung durchgeführt, bei Kindern im Vorschulalter findet der Eingriff zumeist in Vollnarkose statt.
- Neun Begriffe sind zum Verständnis einer Ohrkorrektur besonders wichtig: Concha, Helix, Anthelix, Anthelixfalte, Cauda helicis, Crus superius anthelicis, Crus inferius anthelicis, Tragus sowie der Antitragus.
- Für die ästhetische Beurteilung von Ohren spielen folgende Kriterien eine Rolle: Symmetrie, Länge, Breite und Höhe der Ohrmuschel, Breite der Concha, Helixansatzpunkt, Neigungswinkel der Längsachse, Protrusion sowie die Position am Schädel.
- Folgende Strukturmerkmale kennzeichnen ein normales knorpeliges Ohrskelett:
- die Helix steht in einem Winkel von 90° zur Concha und bildet keinen stumpfen Winkel
- die Concha ist nicht breiter als 20 mm
- die Anthelixfalte ist deutlich sichtbar und nicht scharfkantig
- die Anthelixfalte teilt sich in das Crus superius anthelicis und das Crus inferius anthelicis
- der Antitragus ist nicht zu prominent
- die Helix ist gerade und nicht umgeknickt (Schalenohr)
- die Helix ist im oberen Bereich des Ohres nicht zu groß
- Ohren wirken abstehend, wenn die Concha zu breit ist oder wenn der Anthelixwinkel stumpf ist (> 90°). Am häufigsten liegen beide Ursachen gemeinsam vor.
- Es gibt zahlreiche Methoden zur Korrektur abstehender Ohren, die in zwei Operationsgruppen unterteilt werden können. Beim einen Prinzip wird der Ohrknorpel mit Nähten gebogen (Fadenmethode), beim anderen wird der Ohrknorpel mit dem Skalpell in die gewünschte Form modelliert (Skalpellmethode).
- Die Fadenmethode hat zwei grundsätzliche Nachteile gegenüber der Skalpellmethode: Der Ohrknorpel wird nur „verformt“ und nicht „geformt“, und die operierten Anteile des Ohrknorpels verbleiben unter Spannung.
- Ein Arzt, der die Fadenmethode als neue und besonders wirksame Methode bezeichnet, ist entweder schlecht informiert oder täuscht seine PatientInnen.
- Abstehende Ohrläppchen dürfen keinesfalls unkorrigiert bleiben, sie wirken nach Verschmälerung der Concha besonders auffällig. Gleiches gilt auch für einen prominenten Antitragus, der nicht verkleinert wird.
- Im Alter von sechs Jahren hat die Ohrmuschel bereits 95 % ihrer Breite und 85 % ihrer Länge erreicht.
- Die Ohrkorrektur hemmt das Wachstum des Ohres nachweislich nicht, weshalb auch Kinder bedenkenlos operiert werden können.
- Medizinische Komplikationen wie Nachblutungen oder Infektionen bei Ohrkorrekturen sind sehr selten.
- Schmerzen und Überempfindlichkeiten kommen nach einer Ohrkorrektur in sehr unterschiedlichem Ausmaß vor, klingen aber zumeist im Laufe eines Jahres ab.
- Ergebnisbezogene Komplikationen betreffen in erster Linie Asymmetrien, nicht angelegte Ohrläppchen oder einen nicht verkleinerten Antitragus.
- Bei der Fadenmethode ist die Rezidivgefahr hoch, weil der Ohrknorpel unter Spannung verbleibt.