Beschreibung
Gynäkomastie: Das Buch
Unter Gynäkomastie versteht man das Bestehen einer weiblichen Brust beim Mann. Die weibliche Brust besteht aus Fettgewebe, dem Brustdrüsengewebe (Parenchym) und einem dazugehörigen Bindegewebe (Stroma).
Je nachdem ob bei einem Mann die weibliche Brust Brustdrüsengewebe aufweist oder nur aus Fettgewebe besteht, unterscheidet man zwischen einer echten Gynäkomastie (Gynaecomastia vera) und einer falschen Gynäkomastie (Pseudogynäkomastie, Lipomastie). Die Gynäkomastie tritt zwar meistens beidseitig auf, kann aber auch nur einseitig ausgeprägt sein. Die Gynäkomastie kann vorübergehend bei Neugeborenen auftreten, fast regelhaft findet man sie bei pubertierenden Jungen und oft auch bei älteren Männern. Die Gynäkomastie ist eine verhältnismäßig häufig auftretende Veränderung. Einschlägige Studien ergaben, dass etwa 35 % der gesunden Männerwelt ein tastbares Brustdrüsengewebe (Gynaecomastia vera) mit einem Durchmesser von mehr als 2 cm aufweisen. Bei über 50 % der Männer ist Brustdrüsengewebe histologisch nachweisbar, und bei etwa 1 % aller Männer liegt in entblößtem Zustand eine sichtbar vergrößerte (weibliche) Brust vor. Entsprechend der Ausprägung der Gynäkomastie kann man vier Stufen unterscheiden, die auch das operative Konzept bestimmen.
10 Fragen an Dr. Turkof
10 Fragen zur Gynäkomastie an Dr. Turkof
Univ.-Prof. Dr. Edvin Turkof
- Was ist eigentlich eine Gynäkomastie genau?
- Besteht sie ausschließlich aus Fettgewebe?
- Was sind die Ursachen für eine Gynäkomastie?
- Spielt Übergewicht eine Rolle?
- Wie häufig ist weibliche Brustbildung bei Männern?
- Kann man eine Gynäkomastie auch mit Sport oder einer Hormonbehandlung therapieren?
- Man hört auch immer wieder, dass Bodybuilder sehr häufig eine Gynäkomastie haben, womit hängt das zusammen?
- Kann die Gynäkomastie nach der Operation wieder nachwachsen?
- Besteht eine Chance, dass die Krankenkasse den Eingriff übernimmt?
- Wie hoch sind die Kosten?
- Was ist eigentlich eine Gynäkomastie genau?
Unter Gynäkomastie versteht man das Wachstum einer weiblichen Brust bei einem Mann.
- Besteht sie ausschließlich aus Fettgewebe?
Nein, nicht ausschließlich. Wenn man von einer echten Gynäkomastie spricht, bedeutet das, dass sich weibliches Brustdrüsengewebe in der männlichen Brust befindet. Wie eben eine weibliche Brust auch, besteht eine Gynäkomastie aus Drüsen- und Fettgewebe.
- Was sind die Ursachen für eine Gynäkomastie?
Es gibt eine Reihe von Ursachen: Es gibt physiologische Ursachen, es gibt krankheitsbedingte Ursachen, es gibt Ursachen, die auf den Lebenswandel zurückzuführen sind, das ist sehr, sehr komplex. Die häufigste Ursache ist die Entwicklung einer Gynäkomastie während der Pubertät, weil es da zu einem Missverhältnis von Sexualhormonen kommt. Im Rahmen der Pubertät werden nämlich im Hoden sowohl das männliche Sexualhormon Testosteron als auch das weibliche Sexualhormon Östrogen vermehrt gebildet. Aufgrund eines Missverhältnisses zwischen Testosteron und Östrogen wird über eine kurze Zeit das Wachstum des bei sehr vielen Männern in rudimentärer Form vorhandenen Brustdrüsengewebes angeregt. Es kommt zu einem Wachstum der Brust, die sich allerdings wieder zurückbildet, wenn der junge Mann gereift ist und sich Testosteron und Östrogen wieder ausbalanciert haben.
- Spielt Übergewicht eine Rolle?
Ja, und zwar eine ganz besondere. Wenn man Gewicht zunimmt, setzt der Mensch Fett an. Es ist so, dass im Fettgewebe ein Enzym lokalisiert ist, das man Aromatase nennt. Je mehr Fett vorhanden ist, umso mehr ist auch Aromatase vorhanden. Daher wird mehr frei zirkulierendes männliches Sexualhormon (Testosteron) in Östrogen umgewandelt. Die Folge ist, dass das Brustwachstum angeregt wird. Je dicker man wird, umso unverhältnismäßig stärker wird das weibliche Brustwachstum stimuliert.
- Wie häufig ist weibliche Brustbildung bei Männern?
Eigentlich sehr häufig. Man hat nachgewiesen, dass etwa 50 % aller Männer unterhalb der Brustwarze und des Warzenhofes mehr oder weniger große Nester weiblichen Brustdrüsengewebes haben. Diese Nester sind aber meistens sehr klein und sind optisch nicht erkennbar. Wenn aus irgendeinem Grund das Wachstum dieser Zellen angeregt wird, können eigentlich sehr viele Männer eine sichtbare Gynäkomastie bekommen.
- Kann man eine Gynäkomastie auch mit Sport oder einer Hormonbehandlung therapieren?
Sport hat keinen Einfluss, es sei denn, die Gynäkomastie ist vor allem auf vermehrtes Fett zurückzuführen. In diesem Fall führen natürlich Abnehmen und Sport auch zum Rückgang von Fett im Brustbereich sowie zur Verminderung der Aromataseaktivität. Das Vorhandensein von Brustdrüsengewebe kann man mit Sport klarerweise nicht beeinflussen. Hängt die Ursache für die Gynäkomastie mit vermehrter Hormonproduktion zusammen, die auf einen Tumor, Medikamente etc. zurückzuführen ist, muss die Ursache gezielt behandelt werden. Weiters gibt es zahlreiche pathologische (krankhafte) Ursachen für eine Gynäkomastie, denen man auf den Grund gehen muss. Wenn keine pathologische Ursache für die Gynäkomastie besteht, ist sie auch medikamentös nicht oder kaum beeinflussbar, dann hilft nur die Operation.
- Man hört auch immer wieder, dass Bodybuilder sehr häufig eine Gynäkomastie haben, womit hängt das zusammen?
Wenn ein Bodybuilder normal trainiert, wird das nicht auftreten. Viele Bodybuilder nehmen aber Hormone ein, nämlich Anabolika, das sind Vorstufen vom männlichen Sexualhormon Testosteron, die den Muskelaufbau fördern. Der Nebeneffekt ist allerdings, dass der Körper aufgrund des entgleisenden Gleichgewichtes zwischen männlichen und weiblichen Sexualhormonen vermehrt Östrogen zu produzieren beginnt und es so zur Bildung einer weiblichen Brust kommt.
- Kann die Gynäkomastie nach der Operation wieder nachwachsen?
Das hängt auch wieder damit zusammen, ob nun vermehrt Fett oder vermehrt Brustdrüsengewebe vorhanden war und wie radikal operiert wurde. Wenn vor allem Fett die Ursache für die Gynäkomastie war, kann natürlich, wenn man zunimmt, Fett nachgebildet werden, weil man ja nicht alle Fettzellen entfernt. Wir wissen ja, dass Gewichtszunahme durch Einlagerung von Triglyceriden in den Fettzellen stattfindet und nicht durch eine Vermehrung der Fettzellen. Im Moment wo Fettzellen unter der Haut verbleiben, kann man dort natürlich auch wieder zunehmen, nur wird man nicht so leicht oder so schnell Fett ansetzen, wie das vor der OP der Fall war. Wenn die Gynäkomastie vor allem aus Brustdrüsenzellen bestanden hat und diese vollständig entfernt wurden, kann ein neuerliches Wachstum natürlich nicht stattfinden.
- Besteht eine Chance, dass die Krankenkasse den Eingriff übernimmt?
In Österreich übernimmt die Krankenkasse in der Regel die Entfernung von Brustdrüsengewebe, wenn dies durch ein bildgebendes Untersuchungsverfahren (Mammografie, Ultraschall) vor der Operation nachgewiesen wurde. Manche Kassen bezahlen auch die begleitend notwendigen ästhetischen Maßnahmen, weil, wenn viel Brustdrüsengewebe da ist, auch eine Hautstraffung notwendig ist. Sicherheitshalber sollte man dies vorher chefärztlich abklären. Wenn die Gynäkomastie lediglich aus Fettgewebe besteht und kein Brustdrüsengewebe vorliegt, handelt es sich um einen rein ästhetischen Eingriff, der von der Krankenkasse nicht gedeckt wird.
- Wie hoch sind die Kosten?
Die Kosten für den Eingriff variieren natürlich entsprechend des Aufwandes, sie beginnen bei etwa € 2.000 und gehen bis ca. € 6.000.
Kurz & bündig
Gynäkomastie – kurz & bündig
Schematischer Querschnitt einer echten Gynäkomastie (Gynaecomastia vera) mit vermehrtem Fettgewebe. Zwischen der Haut und dem Brustmuskel befindet sich Brustdrüsengewebe und vermehrtes Fettgewebe.
Die Gynäkomastie wird von den meisten Männern als sehr störend empfunden, 10 – 20 % der Männer mit Gynäkomastie klagen auch über Schmerzen. Die operative Korrektur der Gynäkomastie ist ein häufiger Eingriff.
Die wichtigsten Fakten auf den Punkt gebracht:
- Bereits im 7. Jh. wurde die Gynäkomastie als medizinisches Problem eingestuft, das man operativ behandeln muss. 1992 wurden in den USA 5.000 Gynäkomastie-Entfernungen durchgeführt.
- Die moderne Ära der operativen Korrektur der Gynäkomastie begann 1927 mit dem Erhalt der Brustwarze bei der Operation.
- Man unterscheidet drei Arten von männlichem Brustwachstum: die „Gynaecomastia vera“, die aus Brustdrüsengewebe besteht, die „Pseudogynäkomastie“ (auch „Lipomastie“ genannt), die ausschließlich aus Fettgewebe besteht und die Mischform, bei welcher beide Gewebearten vorliegen.
- Eine Gynäkomastie kann physiologische und pathologische Ursachen haben sowie durch massive Gewichtsabnahme oder Medikamente und Drogen hervorgerufen werden. In 80 % der Fälle ist die Ursache jedoch unbekannt.
- Fast alle Krankheiten, die zu einer Gynäkomastie führen, bewirken im Körper eine erhöhte Östrogenproduktion oder eine herabgesetzte Testosteronproduktion.
- Übergewicht spielt eine wichtige Rolle bei der Gynäkomastie, weil im Fettgewebe das Enzym Aromatase lokalisiert ist, das Testosteron in Östrogen umwandelt.
- Ob das Vorhandensein von Brustdrüsengewebe beim Mann als Krebsvorstufe eingeordnet werden kann, ist noch umstritten.
- Ist nur Fettgewebe vorhanden, handelt es sich um ein rein ästhetisches Problem, wofür die Krankenkassen üblicherweise nicht aufkommen.
- Die Operation kann je nach Ausprägungsgrad der Gynäkomastie ambulant in Lokalanästhesie oder in Vollnarkose durchgeführt werden. Findet der Eingriff in Vollnarkose statt, ist mit ein bis zwei Nächten Krankenhausaufenthalt zu rechnen.
- Man kann die Gynäkomastie nach verschiedenen Kriterien einteilen. Die sinnvollste Einteilung der Gynäkomastie bezieht sich auf das Operationsausmaß.
- Die Operationsmethode richtet sich nach der Art des zu entfernenden Gewebes (Brustdrüsengewebe und / oder Fett), der Elastizität der Haut und dem Volumen des zu entfernenden Gewebes.
- Wenn lediglich Fett vorhanden ist, reicht oft eine Fettabsaugung, wenn Drüsengewebe vorliegt, muss mit dem Skalpell gearbeitet werden. Bei starkem Hautüberschuss muss eine zusätzliche Straffung geplant werden.
- Wenn bei der Gynäkomastie-Operation auch eine Fettabsaugung durchgeführt wurde, sollte für etwa vier Wochen ein Kompressionsanzug getragen werden.
- Wenn die Haut besonders schlaff ist, kann eine Hautstraffung auch bei schwach ausgeprägten Gynäkomastien notwendig sein.
- Gefühllosigkeit der Brustwarze ist bei der Fettabsaugung passager und selten, bei der operativen Variante häufiger und nicht selten auch bleibend.
- Narben sind zumeist unauffällig, bei ungünstigen Fällen ist eine Korrektur nach einem Jahr möglich.
- Unschöne Narben können bei einer Gynäkomastie- Operation dann entstehen, wenn ein Hautüberschuss entfernt werden musste oder wenn eine angeborene Neigung zu überschießender Narbenbildung besteht.
- Positionsasymmetrien der Warzenhöfe können im Rahmen einer Gynäkomastie-Operation ebenfalls operiert werden.
- Je nach Größe der Gynäkomastie müssen mehr oder weniger umfangreiche Hautschnitte durchgeführt werden: Im günstigsten Fall reicht ein halbkreisförmiger Hautschnitt am unteren Rand des Warzenhofs, bei mittleren Formen wird eine Raffnaht um den Warzenhof gesetzt, bei den ausgeprägtesten Formen (ab etwa 200g / Seite) müssen zusätzliche Hautschnitte gesetzt werden.
- Es gibt Berichte, wonach 0,5 – 1 % der Gynäkomastien bösartig entarten, weshalb die Entfernung von Brustdrüsengewebe in Österreich von der Krankenkasse übernommen wird.
- Die Langzeitergebnisse der Gynäkomastie-Operation sind zumeist ausgezeichnet, Rezidive sind äußerst selten. Die Patientenzufriedenheit ist bei einem korrekten operativen Ergebnis gerade bei diesem Eingriff besonders hoch.